Um Trauer zu bewältigen braucht es manchmal Begleitung.
Ich bin für Sie da.

Trauer ist ein Prozess, mit ihm einher geht die Traurigkeit, ein intensives Gefühl das schmerzt und uns stark belasten kann, auch wenn wir wissen, dieses Gefühl ist eine normale und gesunde Reaktion auf einen Verlust. Wie Freude oder Zorn gehört Traurigkeit zu den grundlegenden Emotionen unseres Menschseins. Wir sind traurig, wenn eine Beziehung scheitert, wenn uns jemand, den wir lieben, zurückweist, verletzt oder gar verlässt oder wenn wir ihn verlassen, weil wir keinen gemeinsamen Weg mehr sehen. Wir sind traurig, wenn wir an einer Aufgabe scheitern, die wichtig für uns war, wenn wir einen Traum begraben müssen, wenn wir einen Ort verlassen müssen, an dem wir zuhause waren, wenn wir unseren Arbeitsplatz verlieren, wenn wir aufgrund einer schweren Krankheit aus dem gewohnten Leben gerissen werden, wenn wir uns unserer eigenen Endlichkeit bewusst werden, und am traurigsten sind wir, wenn wir ein geliebtes Wesen, an den Tod verlieren.
Wenn diese Dinge geschehen ist traurig zu sein ein Zeichen seelischer Gesundheit. Trauer ist Teil eines Verarbeitungsprozesses und sie ist Teil des langen und mühsamen Weges zur Akzeptanz, denn nur ihr kann ein Neuanfang folgen.
In der Trauer lösen sich Freude, Glück und all die anderen schönen Emotionen, die wir so sehr lieben, auf. Traurigkeit ist ein ungeliebtes Gefühl. Tiefe Trauer lässt sich schwer in Worte fassen, sie kann so überwältigend sein, dass sich Sprachlosigkeit einstellt. Sie kann uns dauerhaft begleiten, wenn der Verlust nicht verwindbar ist. Intuitiv haben wir Angst vor der Trauer, denn sie ist immer mit Schmerz verbunden.
Bereits kleine Kinder haben ihre traurigen Momente und sogar der Hund, der lange Zeit mein Begleiter war, hatte seine traurigen Phasen, wo ihn nicht einmal der Ball, dem er so gern hinterher rannte aus seiner Melancholie reißen konnte. Er lag da und schnaufte er so tief und herzerweichend, als sei sein Leben ein armseliges Hundeleben. Ich erinnere mich an meine Traurigkeit aus Kindertagen als ich plötzlich erkannte, dass es das Sterben gibt und wie unsagbar traurig mich der Gedanke machte, dass ich einmal nicht mehr sein könnte. Ich erinnere mich an den Tag an dem meine Großmutter starb, bei der ich aufgewachsen bin bis ich fünf Jahre alt war und wie starr und fassungslos es mich machte, als man sie auf einer Bahre aus der Wohnung trug und der Großvater stumm und keine Hilfe in meiner Angst. Ich erinnere mich an diesen unendlichen Schmerz über das verzweifelte Erkennen, dass die Großmutter nie mehr wiederkommen würde um mich in ihre warmen Arme zu schließen und ich nicht mehr den Geruch ihrer frisch gestärkten Schürze einatmen würde, der mir das Gefühl von Zuhause- und Geliebtsein gab. Es war verloren mit ihrem Verlust. Die Trauer darüber begleitet mich noch heute.
In unserer Spaßgesellschaft ist Traurigkeit nicht beliebt, sie hat schon fast etwas Uncooles und passt so gar nicht in das „Lebe, Liebe, Lache Konstrukt“ einer Gesellschaft, die Selbstoptimierung und Dauerglücklichsein zur Maxime macht. Wer traurig ist hat dafür zu sorgen, dass dieses Gefühl schnell mit allen Mitteln aktiv bekämpft wird. Es hagelt geradezu von guten Ratschlägen, die meisten nach dem Motto: "Tu Dir was Gutes, dann geht es dir bald wieder besser!"
Oder noch schlimmer: „Alles wird gut!“
Mal ehrlich? Woher wollen wir das wissen?
Ich erinnere mich an eine Klientin, deren Beziehung gescheitert ist. Sie saß in ihrer Traurigkeit vor mir und alles was sie wollte war, dass das ganz schnell weg geht. Ich sagte ihr, dass das, was da schnell weg gehen soll, wichtig ist, dass es wichtig ist über den Verlust zu trauern, dass sie sich dafür entscheiden könne die Trauer auszuhalten, weil sie eine natürliche Reaktion ist, und dass es doch eine Ursache für ihren Blues gibt – verlassen worden zu sein nämlich. Ich erinnerte sie daran, dass ihre Seele Zeit braucht um den Verlust zu verarbeiten. Es war vergeblich. Die Traurigkeit musste weg und sie entschied sich dafür Männerbekanntschaften zu suchen, die ihr die Trauer wegmachen sollen.
„Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest", lautet eine Zeile aus einer Geschichte über die Traurigkeit.
Und weiter: „Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter. Ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht, und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich nur zusammenreißen, und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen, und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."
Das Vermeiden schmerzhafter Gefühle ist menschlich, aber es gibt sie nun einmal und das zu begreifen ist auch menschlich. Gerade in der Trauer und der Traurigkeit begegnen wir uns selbst zutiefst menschlich. Unsere Traurigkeit zeigt uns, was wirklich wichtig für uns ist. Sie macht uns bewusst, wonach wir uns sehnen und was uns so schmerzhaft fehlt. Vor allem aber - die Traurigkeit führt uns dahin, uns mit der Vergänglichkeit aller Dinge und unseres Lebens vertraut zu machen.
Wir spüren wie zerbrechlich das Leben ist und wie zerbrechlich wir selbst sind. Und wenn wir ganz nah bei unserer Zerbrechlichkeit sind, begegnen wir uns selbst in unserer ganzen Tiefe. Wir blicken in unser Gesicht ohne die Maske, die wir tragen um uns zu schützen vor dem, was wir nicht fühlen oder zeigen wollen. Unsere Haut ist dünn wie Pergamentpapier wenn wir trauern, unsere Nerven hoch empfindsam für das, was uns in unserem Innersten wirklich ausmacht. In der Trauer begegnen wir unserer eigenen Wahrheit. Sie zeigt uns unsere Grenzen, sie macht uns bewusst, dass wir nicht alles haben können, nicht alles erreichen können, nicht alles verändern und nicht alles kontrollieren können, schon gar nicht andere Menschen, das Schicksal und den Tod.
In der Trauer bricht manches alte Leid wieder auf, sie berührt Wunden, die nicht verheilt sind. Wir erkennen, was noch unerledigt ist und was uns noch immer im Tiefsten schmerzt. Das Gefühl psychisch intakt zu sein kann sich auflösen, die Wirklichkeit wie sie ist, lässt sich nicht mehr verdrängen oder schönreden. Vielleicht erkennen wir, dass es Dinge gibt, die wir nicht reparieren können, nicht optimieren können, nicht verzeihen und nicht vergessen können, sondern akzeptieren müssen was und wie es ist.
Wenn wir die Trauer zulassen und all ihre Tränen weinen, kommt etwas in den Fluss - das Schmerzhafte fließt aus uns heraus und liegt vor uns damit wir es sehen. Nur was wir sehen kann geheilt werden. Nur wenn wir sie fühlen und anerkennen kann unsere Trauer sich lindern und unsere Wunden können zu heilen beginnen. Manche Wunden heilen nicht, auch das ist möglich. Dann müssen wir lernen damit zu leben.
Wenn wir im Tal der Tränen die Schleusen öffnen um all die Knoten der Verdrängung zu lösen, die sich in uns festgesetzt haben, finden wir Linderung. Doch viele Menschen wollen gar nicht, dass sie sich lösen, sie wollen wie meine Klientin, dass die Trauer schnell weggeht. Sie suchen den Ausweg, anstatt den Weg nach innen zu gehen. Sie begreifen nicht, dass sie, wenn sie bereit sind ihre Trauer anzunehmen und sie aushalten lernen, sich damit selbst annehmen.
Wenn unsere Traurigkeit und unser Schmerz sein darf und wir Ja dazu sagen, spüren wir: in diesem Ja liegt die Kraft damit zu leben und eine große Wahrheit über uns selbst.